Das Tagebuch

Gerhard Sander, Bistumsarchivar mit dem Tagebuch von Abbé Franz Stock (pdp Erzbistum Paderborn, 2004)Ein Dokument von Franz Stocks Wirken:
Das Tagebuch des Priesters Franz Stock wird im Diözesan-Archiv in Paderborn aufbewahrt.

Franz Stock stand während des Zweiten Weltkrieges unzähligen Opfern bei. Er hörte sich ihre Lebensgeschichte, Sorgen und Nöte an, nahm ihnen die Beichte ab und gab ihnen den Segen. Mehr als 2.000 Verurteilte begleitete er bis zur Exekution, hielt an der Seite der Sterbenden aus. Er war es häufig auch, der auf Wunsch der Verstorbenen den Angehörigen die letzten Worte und Habseligkeiten, wie Kreuze, Ketten oder Ringe überbrachte.

In seinem Tagebuch hat Franz Stock 863 Erschießungen notiert, um auch später noch Angehörigen Auskunft geben zu können. Ein Eintrag lautet: „Sang am Pfahl mit klarer Stimme gerade das Ave Maria, als das Kommando ,Feuer’ kam.“ Ein anderer: „F. war sehr fromm, betete am Schluss lateinisch das de profundis, wollte sich vorher verheiratet haben mit seiner Braut, hat viel an sie gedacht.“

(pdp Erzbistum Paderborn, 2004)Sein Tagebuch, das im Diözesan-Archiv des Erzbistums Paderborn aufbewahrt wird, sieht auf den ersten Blick unscheinbar aus: es ist ein einfaches Schreibheft, mit einem bräunlichen Einband. Einen Titel hat es nicht. Im Heft hat Stock mit seiner engen, fast hektisch wirkenden Schrift wichtige Ereignisse kurz notiert. An den Seitenrändern stehen unter den Daten Vermerke wie „1Exk“ oder „15 Exk“ – Kürzel für die Exekutionen, denen Stock an diesem Tag beiwohnte. Aber nicht nur davon berichtet das Tagebuch. So schrieb Stock am 24.9.1942: „Dem Blinden, dem ich ein Gebetbuch in Blindenschrift gebracht hatte, wurde ihm vom Unteroffizier wieder abgenommen, er habe kein Recht Besuche zu empfangen und zu lesen. Grausam! Und wie freute er sich als ich ihm das Buch brachte. Wer kann einen Blinden weinen sehen?“


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