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Johannes Braß - Ein Priester der Söhne und Versöhnung

Von Pater Johannes Braß

Anfang des Jahres war in der Neusser Stadtbibliothek eine Ausstellung zu Abbé Franz Stock zu sehen, die 50 Jahre nach einem Tod sein Wirken dokumentiert. Der 1904 bei Arnsberg geborene Geistliche hatte sich in Frankreich als Seelsorger um Gefangene und zum Tode Verurteilter gekümmert. Der deutsche Priester gilt als einer der Wegbereiter der deutsch-französischen Versöhnung und Freundschaft.

Seit dem Mittelalter war er 1928 der erste deutsche Theologiestudent in Frankreich. Nachdem Franz Stock 1932 zum Priester geweiht wurde, ging er 1940 als Seelsorger der Deutschen nach Paris. Stock wurde Regens des 1945 eingerichteten Priesterseminars für Gefangene in Chartres, wo er 1948 starb. Zum deutsch-französischen Gedenken an den 25. Todestag von Franz Stock hielt Pater Johannes Braß in der Kirche St. Roch, Paris, am 20. Mai 1973 eine Ansprache, die Margret Geiler aus Brühl zur Verfügung gestellt hat:

Meine lieben französischen Brüder und Schwestern!
Wir haben uns hier vor dem Altar versammelt, um Eucharistie zu feiern, das heißt, um in Vereinigung mit unserem Herrn Jesus Christus das große Versöhnungsopfer zu erneuern und uns durch den Genuß desselben himmlischen Brotes mit ihm und untereinander zu verbinden. Der Herr ist also die Mitte und das Herz dieser Zeremonie. darum gilt ihm unser Lob, unsere Liebe und unser Gebet. Wir kommen aus zwei verschiedenen Ländern. Wir sind ungefähr 130 Deutsche, von denen die Meisten aus Neheim-Hüsten kommen, der Heimat von Abbé Franz Stock. Unsere beiden Völker haben sich durch Jahrhunderte hindurch als "Erbfeinde" Betrachter, deren Bürger sich sogar hassen mußten, um gute Patrioten zu sein, und die Millionen ihrer Söhne während drei großer Kriege auf den Schlachtfeldern geopfert haben.

Und heute? Von beiden Seiten der aufrichtige Wille zur Versöhnung, ja zur Freundschaft. Unsere Politiker haben einen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag unterzeichnet; die Jugend unserer beiden Länder organisiert große Treffen; unsere Städte feiern Partnerschaften und unsere Soldaten ziehen Seite an Seite ins Manöver. Die Atmosphäre hat sich vollständig gewandelt

Wie ist diese Wandlung zu erklären? Natürlich wissen als Christen, daß es letzten Endes Gott selber war, der nach der Heiligen Schrift "die Herzen der Menschen wie Wasserbecher leitet", der diese wunderbare Wende herbeigeführt hat. Aber er hat sich dabei auch menschlicher Hilfen bedient. Einer von ihnen war der, zu dessen Andenken wir hier vor dem Altar versammelt sind: Abbé Franz Stock.

Madame Ancelet-Hustache nennt ihn im Untertitel ihres Buches: "Priester der Söhne und der Versöhnung". Er hat in Wahrheit teilgenommen an der großen Aufgabe des Göttlichen Hohenpriesters.

Ich setze voraus, daß Sie sein Leben kennen, aus den vielen Veröffentlichungen über ihn. Darum brauche ich nicht in Einzelheiten einzusteigen. Seit seiner Jugend hatte Franz Stock das glühende Verlangen, an der Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland teilzunehmen und dafür zu arbeiten. Er liebte Frankreich wie sein zweites Vaterland.

Aber um an einer wirklichen Aussöhnung zwischen unseren beiden Völkern Anteil zu haben und um die großen Verbrechen mitzusühnen, genügte Gott nicht eine romantische Zuneigung zu Frankreich, speziell zur Bretagne, dazu gehörte das Kreuz. Und Gott hat Franz Stock unter das Kreuz gestellt, indem er ihn während der schrecklichen Kriegs- und Besatzungsjahre zum "Seelsorger in der Hölle" bestellte, um den Titel eines französischen Buches zu gebrauchen. Diese furchtbare Aufgabe hat ihn ruiniert, vernichtet, wie auch Christus vernichtet wurde, um die Welt zu retten. Seine Gesundheit war stark angegriffen, und sein früher Tod im Alter von 43 Jahren war die Folge dieser grauenhaften Tätigkeit.

Wir begehen heute das Andenken an diesen Tod am 24. Februar 1948 im Hospital Cochin.Er, dank dessen so viele Menschen nicht einsam gestorben waren, starb allein. Er, der so vielen Christen die Sterbesakramente gespendet hatte, die einem gewaltsamen Tod entgegengingen, starb ohne die letzte Stärkung. Denn während ich gerade fort war, um das heilige Öl und das Allerheiligste zu holen, starb Franz Stock plötzlich.

Auch seine Bestattung, die ich selber vorgenommen habe, hatte etwas Düsteres an sich. Sie glich der geheimen Beerdigung eines Verbrechers, die in Eile und Interessenlosigkeit vollzogen wird. Ich konnte nur ein einziges abgekürztes Gebet sprechen wegen der "Schnell, schnell, schnell!" der vier Friedhofsangestellten, die nicht wußten, wer der Tote war, und sicher glaubten, es handelte sich um einen gewöhnlichen Kriegsgefangenen, der hier in diesem verlassenen Geviert des Friedhofes beerdigt wurde.

Aber all das gehörte zum Sühneopfer, um unsere beiden Völker zu versöhnen. Auch hier glich er einem göttlichen Meister.Jetzt erst kam die Wende, nach dem Wort unseres Herrn: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und nicht Stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viele Frucht."

Das Leben und Sterben von Franz Stock haben viele Frucht hervorgebracht, die wir heute in Freude ernten, und für die wir in dieser Stunde dem lieben Gott danken, wo wir im Herzen der französischen Hauptstadt feierlich dieses deutschen Priesters gedenken. Wahrhaftig, Papst Johannes der XXIII., hatte Recht mit seinem Wort: "Abbé Franz Stock ist kein Name, das ist ein Programm!"

Aber es währe ungerecht, und ein Zeichen von Undankbarkeit, wenn wir in dieser Stunde all die anderen vergäßen, die durch ihr Leben und ihr Blut die Versöhnung unserer beiden Völker vorbereitet haben.

Ich denke in diesem Augenblick stellvertretend für alle Erschossenen an den Kommandanten D` Estienne d` Orves, den Franz Stock auf den Tod vorbereitet hatte und der vor der Erschießung dem deutschen Kriegsgericht sagte: "Sie sind deutscher Offizier, ich bin französischer Offizier; wir haben beide unsere Pflicht getan; gestatten Sie mir, daß ich Sie umarme." seine letzten Worte waren: " ich opfere mein Leben für den Frieden der Welt."

Ich denke auch an jenen Deutschen, Studienrat in München, der als Dolmetscher in eine SS-Division gezwungen und durch einen juristischen Irrtum zum Tode verurteilt worden war. Ich hatte ihn im Militärgefängnis zuletzt auf den Tod vorbereitet, und nachdem er kommuniziert hatte, sagte er unmittelbar vor der Erschießung den französischen Offizieren: "Ich bin unschuldig, doch ich opfere mein Leben auf für die Wiederversöhnung zwischen Frankreich und Deutschland."

Ich denke bei dieser Gelegenheit auch an meinen unvergeßlichen Freund, den heimgegangenen Abbé Gorges Le Meur, den ich für den größten Wohltäter der deutschen Kriegsgefangenen halte, der der Gründer und Organisator des Stacheldrahtseminars in Chartres war.

Ich denke an die Millionen von Soldaten und Opfern der KZs, die ihr Blut und ihr Leben für ihr Vaterland gegeben haben, ich denke an das Herzleid der vielen Angehörigen der Gefallenen und Erschossenen.Alle diese Opfer an Blut und Leben waren nicht umsonst. Wir opfern sie in dieser Stunde dem himmlischen Vater auf, in Vereinigung mit dem kostbaren Blut seines Sohnes.

Meine lieben französischen Freunde, liebe Brüder und Schwestern in Christus! Genug des Hasses, genug der Zerstörung! Reichen wir uns gegenseitig die Hand, öffnen wir gegenseitig unser Herz! Christus, unser göttlicher Meister, will es! Für uns, seine Jünger, gibt es keine Grenzen, die trennen, wir sehen in jedem Bruder den Herrn selbst. Wir haben sie nötig. Lieben wir uns, helfen wir uns! Ich schließe mit einem Wort unseres Schriftstellers Carl Zuckmeyer: "War es einmal unsere Pflicht, Feinde zu sein, so ist es heute unser Recht, Brüder zu werden."

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